Investoren-Strategien für Unternehmensimmobilien
Im internationalen Vergleich liegt die Immobilieneigentumsquote deutscher Unternehmen traditionell sehr hoch. Durch ein Umdenken zu investorenbasierten Strategien können Unternehmen häufig profitieren.
Inhalt:
1. Hauptziel – Der Fokus auf das unternehmerische Kerngeschäft
2. (Nicht) betriebsnotwendige Unternehmensimmobilien
3. Unternehmensimmobilien sind bei Investoren beliebt, aber …
4. Immobilienbezogene Anlässe und Handlungsoptionen
4.1 Ausgliederung einer betriebsnotwendigen Bestandsimmobilie
4.2 Kauf einer Bestandsimmobilie von einem Dritten
4.3 Neubau auf einem unternehmenseigenen oder noch zu erwerbenden Grundstück
4.4 Verkauf einer nicht (mehr) betriebsnotwendigen Immobilie / Standortverwertung
5. Die Rolle der Hausbank/-sparkasse bei Investoren-Strategien
6. Die Investorenakquisition
7. Prüfung und Umsetzung
1. Hauptziel – Der Fokus auf das unternehmerische Kerngeschäft
Immobilienentscheidungen haben aufgrund ihrer Komplexität, Größenordnung und Langfristigkeit eine strategische Bedeutung für jedes Unternehmen.
Investoren-Strategien haben stets das Hauptziel, dass sich das Unternehmen voll auf das eigentliche Kerngeschäft konzentrieren kann. Dies wird im Wesentlichen durch folgende Punkte erreicht:
- Kapital wird nicht in Immobilien gebunden und steht für das Kerngeschäft und damit zusammenhängende Investitionen und Innovationen zur Verfügung.
- Eine Belastung der Rentabilität durch eine nicht optimale Nutzung und Verwaltung von Immobilienbeständen aufgrund fehlender Kapazitäten und fehlenden Know-hows wird vermieden.
Dass derartige Optimierungen positive Auswirkungen auf die Unternehmensbewertung haben können, liegt auf der Hand.
2. (Nicht) betriebsnotwendige Unternehmensimmobilien
Für betriebsnotwendige Immobilien ist nicht das Eigentum, sondern der langfristige Nutzungszugriff entscheidend.
Für nicht oder nicht mehr betriebsnotwendige Immobilien hingegen ist weder das Eigentum noch ein Nutzungszugriff erforderlich, es sei denn, sie werden später (wieder) vom Unternehmen benötigt.
In der Praxis geht es häufig auch um aktuell oder zukünftig nicht mehr benötigte Teilflächen in ansonsten betriebsnotwendigen Immobilien.
Komplexe und organisch gewachsene Immobilien erfordern zur Abgrenzung eine detaillierte Flächenanalyse betriebsnotwendiger und nicht betriebsnotwendiger Teile, die sich an aktuellen und zukünftigen betriebswirtschaftlichen Erfordernissen des Unternehmens orientiert. Dazu ist eine Prüfung erforderlich, inwieweit die wirtschaftliche und rechtliche Trennung betriebsnotwendiger und nicht betriebsnotwendiger Teile möglich ist (siehe dazu auch Abschnitt 4.4).
3. Unternehmensimmobilien sind bei Investoren beliebt, aber …
Unternehmensimmobilien erfreuen sich bei Immobilien-Investoren großer Beliebtheit, für die je nach Investmentstrategie vom Investor individuelle Kriterien zu Standort, Mindestinvestitionsvolumen, Mieterbonität, Mietvertragsfestlaufzeit, Drittverwendungsfähigkeit, Rentabilität etc. herangezogen werden. Allerdings fallen Unternehmensimmobilien auch schnell aus dem Raster, wenn wesentliche Investmentkriterien nicht erfüllt werden.
Ähnliches gilt z.B. für nicht (mehr) betriebsnotwendige Unternehmensimmobilien, für die die Überlegungen in Richtung einer Projektentwicklung mit einer neuen Nutzung (z.B. durch Abriss und Neubau) gehen. Die Eignung des Standortes hinsichtlich einer aussichtsreichen Nutzungsperspektive und die Flexibilität auf kommunaler Ebene hinsichtlich einer ggf. erforderlichen Planungsrechtsänderung sind hier entscheidende Faktoren.
4. Immobilienbezogene Anlässe und Handlungsoptionen
Die Anlässe für strategische Immobilienentscheidungen sind vielfältig. Neben der klassischen Eigeninvestition auf Basis von Eigen- und Fremdkapital gehören auch die Instrumentarien Investorenlösung und Immobilien-Leasing zu den Handlungsoptionen. Auch wenn das Immobilien-Leasing in vielen Bereichen eher Finanzierungscharakter hat, zählen wir es hier im weiteren Sinne zu den investorenbasierten Lösungen.
Die im Folgenden dargestellten Anlässe können in der Praxis auch in kombinierter Form vorkommen. Auf eine Darstellung aller möglichen Konstellationen verzichten wir aus Komplexitätsgründen.
4.1 Ausgliederung einer betriebsnotwendigen Bestandsimmobilie
Für die Ausgliederung der Immobilie ergeben sich im Wesentlichen zwei Handlungsoptionen: Die Immobilie wird vom Unternehmen an einen Investor oder an eine Immobilien-Leasinggesellschaft verkauft und langfristig zurückgemietet (Sale-and-rent-back) oder zurückgeleast (Sale-and-lease-back). Die Transaktionsformen hatten wir bereits in unserem Beitrag „Sale-and-rent-back und Sale-and-lease-back? – Die Unterschiede“ erläutert. Die dort dargestellten Unterschiede gelten auch für die in den Abschnitten 4.2 und 4.3 angesprochenen Konstellationen Buy-and-rent vs. Buy-and-lease bzw. build-and-rent vs. build-and-lease.
Die Abwicklung erfolgt beim Sale-and-rent-back häufig, beim Sale-and-lease-back nahezu ausschließlich über Objektgesellschaften, da die individuellen Gestaltungsmöglichkeiten dann flexibler sind.
Sind an der Immobilie Umbauten, Erweiterungen, Umnutzungen, Revitalisierungen oder Sanierungen erforderlich, lassen sich die Transaktionsformen selbstverständlich mit geeigneten Bau-Vertragsgestaltungen kombinieren.
Nutzt das veräußernde Unternehmen aktuell oder zukünftig nicht die komplette Fläche der Immobilie, kann beim Sale-and-rent-back eine Generalanmietung mit dem Recht zur Untervermietung der nicht selbst benötigten Flächen vereinbart werden. Bereits bestehende Mietverträge mit dritten Nutzern müssten dann zu Untermietverträgen umqualifziert werden. Für evtl. leerstehende Flächen trägt das Unternehmen als Generalmieter die Verantwortung. Gleiches gilt auch beim Sale-and-lease-back.
Sofern das veräußernde Unternehmen nur die selbst benötigten Flächen zurückmieten möchte – dies wäre dann ein partielles Sale-and-rent-back (beim Sale-and-lease-back nicht möglich) -, gehen bestehende Mietverhältnisse mit Dritten auf den Investor über, während die Vermietung evtl. leerstehender Flächen der Verantwortung des Investors obliegt.
Hintergründe für Sale-and-rent-back oder Sale-and-lease-back können z.B. folgende konkreten Anlässe sein:
- Finanzierung der Nachfolgeregelung
- Finanzierung von Forschung und Entwicklung (F&E)
- Finanzierung/Unterstützung einer M&A-Transaktion
- Finanzierung einer Beteiligung
- Finanzierung eines LBO/MBI/MBO
- Finanzierung einer Restrukturierung
- Ablösung einer bestehenden Finanzierung
- Finanzierung des Umbaus, der Erweiterung oder Modernisierung einer Betriebsstätte
Nicht selten werden Sale-and-rent-back- und Sale-and-lease-back-Transaktionen ausschließlich als Rettungsinstrument (Liquiditätsschaffung) für angeschlagene Unternehmen angesehen. Dies ist allerdings nicht der Fall. Ganz im Gegenteil, beide Formen eignen sich insbesondere für bonitätsstarke und expansive Unternehmen. Gleichwohl kann insbesondere das (ggf. partielle) Sale-and-rent-back auch für aussichtsreiche Restrukturierungsvorhaben von Unternehmen eingesetzt werden, wenn die Immobilie selbst ein hohes Potenzial und eine hohe Drittverwendungsfähigkeit besitzt.
Die Grundstrukturen eines Sale-and-rent-back und Sale-and-lease-back ergeben sich wie folgt:
4.2 Kauf einer Bestandsimmobilie von einem Dritten
Steht der Kauf einer zukünftig betriebsnotwendigen Bestandsimmobilie im Raum, kommen hier neben der klassischen Eigeninvestition auch die Investorenlösung oder das Immobilien-Leasing in Frage. In dem Fall spricht man dann von einer Buy-and-rent- oder Buy-and-lease-Transaktion.
Auch hier lassen sich an der Immobilie erforderliche Umbauten, Erweiterungen, Umnutzungen, Revitalisierungen oder Sanierungen in das Gesamtkonstrukt mit geeigneten Bau-Vertragsgestaltungen einbinden.
Die Grundstrukturen eines Buy-and-rent und Buy-and-lease ergeben sich wie folgt:
4.3 Neubau auf einem unternehmenseigenen oder noch zu erwerbenden Grundstück
Auch beim Neubau von Unternehmensimmobilien können neben der klassischen Eigeninvestition die Investorenlösung oder das Immobilien-Leasing in Frage kommen. Man spricht in dem Fall von einer Build-and-rent- oder Build-and-lease-Transaktion.
Das zu bebauende Grundstück kann sowohl vom Unternehmen als auch von einem Dritten erworben werden. Letzteres natürlich nur dann, sofern die Entscheidung bereits sehr früh für einen Investor bzw. eine Immobilien-Leasinggesellschaft gefallen ist.
In der Praxis kommt es auch häufig vor, dass die Ausgliederung erst zu einem späteren Zeitpunkt, z.B. während der Bauphase oder auch erst nach Fertigstellung (dann könnte man schon von einem Sale-and-rent-back oder Sale-and-lease-back sprechen) erfolgt.
Je nach Zeitpunkt der Ausgliederung und der Verteilung der Verantwortlichkeiten für den Neubau kommt den unterschiedlichen Bauoptionen mit entsprechenden Bau-Vertragsgestaltungen eine besondere Bedeutung zu.
Nachfolgend sind die Grundstrukturen zu Beispielfällen von Build-and-rent und Build-and-lease-Transaktionen dargestellt:
4.4 Verkauf einer nicht (mehr) betriebsnotwendigen Immobilie / Standortverwertung
Gründe für diesen Anlass können z.B. sein:
- Es steht eine Betriebsverlagerung an einen neuen Standort an.
- Die Immobilie wird aufgrund der Ausgliederung oder Verschlankung von betriebswirtschaftlichen Prozessen nicht mehr benötigt.
- Das Unternehmen wird liquidiert.
- Die Immobilie befindet sich in einer Sondersituation (z.B. Insolvenz des Unternehmens)
Im Vorfeld des Verkaufs tauchen in diesen Fällen eine Reihe von Fragen auf:
- Eignet sich die Immobilie in ihrer gegebenen Struktur für a) einen oder b) mehrere Nutzer? Falls ja, sind dafür Umbauten, Erweiterungen, Modernisierungen, Sanierungen erforderlich?
- Ist eher ein Abriss mit einem Neubau, ggf. mit einer völlig anderen Nutzung (z.B. Wohnen) realistisch?
- Sind auf kommunaler Ebene die Voraussetzungen für Nutzungsänderung, Planungsrechtsänderung und Baurechtschaffung gegeben?
Je nach Ausgangsbasis ergeben sich unterschiedliche Handlungsoptionen, die jedoch auch durchaus parallel angegangen werden können:
Im Fall von 1.a) erscheint es durchaus sinnvoll, die Vermarktungsaktivitäten auf der Nutzerebene zu starten. Der zukünftige Nutzer kann selbst der Investor sein, aber je nach seinen Präferenzen auch Mieter oder Leasingnehmer. Investiert der Nutzer nicht selbst, ist es deutlich einfacher, einen Investor zu finden, wenn diesem der zukünftige Nutzer bereits „serviert“ wird.
Im Fall von 1.b) geht der Fokus der Vermarktung direkt Richtung potenzieller Investoren, da bei zukünftiger Nutzung durch mehrere Unternehmen mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit zunächst Projektentwicklungsaktivitäten (z.B. Entwicklung eines Gewerbeparks) erforderlich sind.
Im Fall von 2. kann bei zukünftiger gewerblicher Nutzung ein paralleler Ansatz auf Nutzer- und Investorenebene verfolgt werden. Die frühzeitige Anbindung eines (Anker-)Nutzers kann, auch wenn dieser nicht selbst als Investor auftritt, das Finden eines geeigneten Projektentwicklers (Investor) beschleunigen. Steht eine mögliche wohnwirtschaftliche Nutzung im Raum, werden die entsprechend spezialisierten Projektentwickler die erste Anlaufadresse sein.
5. Die Rolle der Hausbank/-sparkasse bei Investoren-Strategien
Nicht nur bei der Eigeninvestition kommt der Hausbank/-sparkasse für den Fremdkapitalanteil die Schlüsselrolle zu.
Auch Investoren sind erfahrungsgemäß häufig daran interessiert, Fremdkapitalanteile über die Hausbank/-sparkasse des Unternehmens abzubilden. Dies liegt daran, dass die Immobilie und das Unternehmen hier bestens bekannt sind, was Kreditentscheidungsprozesse deutlich vereinfachen und beschleunigen dürfte.
Beim Immobilien-Leasing ist eine Fremdkapital-Refinanzierung der Objektgesellschaft ohnehin obligatorisch, so dass auch hier die Hausbank/-sparkasse in den meisten Fällen involviert sein dürfte.
6. Die Investorenakquisition
Wie können Unternehmen nun den geeigneten Investor für ihr Vorhaben finden?
Geht es um Immobilien-Leasing (Sale-and-lease-back, Buy-and-lease, Build-and-lease), so kann direkt mit einer Immobilien-Leasinggesellschaft Kontakt aufgenommen werden. Die Realisierbarkeit hängt in entscheidendem Maße von der Möglichkeit der Refinanzierung ab.
Ist eine Investorenlösung (Sale-and-rent-back, Buy-and-rent, Build-and-rent, Verkauf ohne zukünftigen Nutzungszugriff) vorgesehen, sind die potenziellen Investoren zielgerichtet nach deren Ankaufskriterien und Investitionsstrategien auszuwählen und idealerweise direkt anzusprechen. Bei kleineren Investitionsvolumina ist eher ein regionales, bei größeren ein überregionales, deutschlandweites oder gar über die Grenzen hinausgehendes Vorgehen angeraten. Ob hierfür ein klassisches Angebotsverfahren oder ein Bieterverfahren (siehe auch Beitrag „Angebotsverfahren oder Bieterverfahren?“) genutzt wird, sollte im Einzelfall entschieden werden.
Aufgrund der erforderlichen Diskretion bei Transaktionen von Unternehmensimmobilien muss von einer öffentlichen Bewerbung, z.B. in Immobilienportalen, abgeraten werden.
Der direkten Investorenansprache ist somit in jedem Fall der Vorzug zu geben. Dies setzt natürlich voraus, dass die potenziellen Investoren bekannt sind. In dem Zusammenhang möchten wir auf unseren Beitrag „Internetvermarktung oder direkte Investorenansprache?“ verweisen.
7. Prüfung und Umsetzung
Unter der Voraussetzung, dass eine oder mehrere Handlungsoptionen darstellbar sind, müssen diese zunächst qualitativ und quantitativ durch Wirtschaftlichkeits- und Kennzahlenanalysen sowie steuerlich und juristisch bewertet werden.
Neben der Finanzabteilung des Unternehmens sind dafür Investor(en) und/oder Immobilien-Leasinggesellschaft(en), die Hausbank/-sparkasse, Steuer- und Rechtsberater, Wirtschaftsprüfer, ggf. weitere Berater und Architekten einzubinden.
Prüfungsfelder sind z.B.:
- Auswirkungen auf die Bilanz nach HGB und ggf. IFRS
- Auswirkungen auf die GuV
- Steuerliche Auswirkungen (Grunderwerbsteuer, Körperschaft-/Einkommensteuer, Gewerbesteuer, Umsatzsteuer)
- Auswirkungen auf die Liquidität
- Wirtschaftliche Chancen und Risiken
- Steuerliche und juristische Vor- und Nachteile
Je nach Transaktionsform können z.B. folgende Verträge relevant sein:
- Gesellschaftsvertrag (Objektgesellschaft)
- Grundstückskaufvertrag
- Planungs- und Bauverträge
- Mietvertrag
- Immobilien-Leasingvertrag
- Mitverpflichtungen
- (Re-)Finanzierungsvertrag
- Ankaufsrechtsvertrag
- Optionsvertrag an den Gesellschaftsanteilen der Objektgesellschaft
Für die Umsetzung der gewählten Handlungsoption ist aufgrund der Komplexität und strategischen Reichweite ein eng verzahntes Projekt- und Transaktionsmanagement bis zum notariellen Vertragsabschluss und darüber hinaus erforderlich.